Wenn wir hundert junge Menschen fragen, “Wer von euch hat das Gefühl, etwas an den Problemen in der Welt verändern zu können?”, wie viele melden sich dann wohl?   

Wenn man nach den von der OECD veröffentlichten Zahlen der Pisa Studie aus 2018 geht: etwa 40 Prozent. Damit liegt Deutschland im Vergleich von 64 Ländern auf dem letzten Platz. Inzwischen haben wir 2023. Junge Menschen haben Klimaschutz auf die öffentliche Agenda gebracht, For Future-Bewegungen, Zuwachs in den Parteien. Wie steht es heute um die Überzeugung, zur Lösung der globalen Problemlage beitragen zu können? Als wir vor Kurzem bei einem aula-Workshop etwa 100 junge Menschen gefragt haben, wer hier etwas an den Problemen der Welt ändern kann, melden sich insgesamt acht Jugendliche. In der ersten Gruppe sind es sieben von circa 50 Schüler*innen. In der zweiten Gruppe meldet sich EIN einziger Sechstklässler. Wir formulieren die Frage um. “Wer hat das Gefühl, etwas verändern zu können? Bitte Hand heben” – eine Hand. “Wer hat das Gefühl, nichts ändern zu können?” – 49 Hände.  

Schule als Spiegelbild der Gesellschaft  

Diese anekdotische Umfrage erhebt keinen Anspruch auf deutschlandweite Übertragbarkeit, aber die Anzeichen sprechen für sich. Die rechtspopulistische AfD hat ihre höchsten Umfrageergebnisse seit fünf Jahren. Weltweit werden populistische Bewegungen immer beliebter, immer mehr Demokratien hören auf, Demokratien zu sein. Die Erfahrung, die wir seit 2016 mit aula machen, ist in gewisser Weise ein Spiegelbild eines größeren gesellschaftlichen Problems im Kleinen. Wenn Schüler uns gegenüber äußern, dass die Lehrer*innen “doch eh machen, was sie wollen”, kann hier eine Vorstufe für die Überzeugung entstehen, “die da oben machen doch eh machen, was sie wollen”. Tatsächlich haben die meisten jungen Menschen in der Schule kaum eine Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, sich mit Dingen zu beschäftigen, die ihnen am Herzen liegen, die mit ihnen und ihrem direkten Erleben zu tun haben. Genau dadurch entsteht aber Selbstbewusstsein, Verantwortungsgefühl und Selbstwirksamkeit – also die Erfahrung, das sich durch das eigene Handeln etwas verändert. Wenn schon in der Schule das Gefühl dominiert, ohnehin keinen Einfluss zu haben, wie hoch ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich nach der Schule für Mitmenschen, Umwelt, eine bessere Zukunft engagiere?   

Anpassung versus Fähigkeiten für die Zukunft  

Gleichzeitig fordert das Schulsystem in vielerlei Hinsicht Anpassung und das Wiedergeben von theoretischem Wissen. Das merken wir vor allem, wenn wir Schüler*innen offene Fragen stellen, bei denen es keine richtige oder falsche Antwort gibt, wo es um ihre Sicht der Dinge geht. Hier herrscht dann oft Unsicherheit. Manchmal bekommen wir auf die Frage, was sie gerne an ihrer Schule verändern würden, dann sogar ganz direkt die Gegenfrage “Was wollen Sie denn hören?”.  Wer sich immer nur anpasst und Wissen reproduziert, trainiert aber nicht grundlegende demokratische Fähigkeiten: das Beobachten der Gesellschaft und der Bedürfnisse anderer, das aktive Entwickeln und Einbringen von Ideen und Lösungen, Kooperation und Kreativität im Umgang mit gemeinsamen Problemen. Diese Fähigkeiten sind wie Muskeln, die man trainieren muss und die bei Nichtnutzung verkümmern. Auch für das Berufsleben sind die genannten Fähigkeiten wichtig.  

Demokratie in der Schulkultur verankern – mit aula  

Mitbestimmung in der Schule ist gesetzlich festgelegt – in der Praxis aber meist einer kleinen, häufig privilegierten Gruppe von Schüler*innen vorbehalten. Um eine Kultur der Beteiligung zu etablieren, in der jede und jeder selbstverständlich interessiert ist und mitmacht, braucht es mehr als Schülervertretung und Schülersprecher*innen. Es muss mehr Wege für Beteiligung derjenigen geben, die schüchtern sind. Die sich als passiv begreifen. Die nicht an sich glauben. Oder die es einfach nicht gewohnt sind, in ihrer Gemeinschaft eine Stimme zu haben. Genau daran arbeiten wir mit aula.   

Seit 2016 haben wir Konzepte, Materialien und eine Software entwickelt, die allen jungen Menschen in ihrem direkten Umfeld eine Stimme gibt und Beteiligung tief in der Schulkultur verankert. Und damit haben wir Großes vor. Um irgendwann alle jungen Menschen in Deutschland zu erreichen, brauchen wir eure Aufmerksamkeit, euer Netzwerk, eure Spenden! 

Unter #dubistdemokratie veröffentlichen wir in den nächsten Monaten Geschichten von jungen Menschen, von den Erfahrungen rund ums Thema Demokratie, die sie in ihrem Leben und in der Schule gemacht haben. Wir freuen uns, wenn ihr die Geschichten teilt, wenn ihr eigene Erfahrungen einbringt, wenn ihr uns mit einer Spende unterstützt oder jemanden kennt, der jemanden kennt. Sei dabei : Du bist Demokratie. aula.de/spenden

Alexa